Elektronisch schreiben mit Privileg

Vor kurzem ist mir eine elektrische Schreibmaschine in die Hände gefallen: Die Privileg WP 1000. Privileg war seinerzeit eine der Eigenmarken des Versandhauses Quelle. Die Maschine funktionierte soweit normal, das 80×14 Zeichen große LCD hat keine Beschädigung und sogar das Carbon-Farbband war noch vorhanden. Einzig das eingebaute Floppy-Laufwerk machte bei Zugriff nur ein kurzes Geräusch, und zeigte dann einen Diskettenfehler an. Das war natürlich sehr schade, denn so hat die Maschine nur eingeschränkten praktischen Nutzen.

Also schraubte ich das Gerät auf, um das vermeintlich defekte Laufwerk idealerweise kurzerhand einfach auszutauschen. Doch es stellte sich heraus, dass dies nicht so ohne weiteres möglich sein sollte, da hinten kein Standard-Floppykabel (+Stromkabel), sondern eine proprietäre Platine angelötet war, die mit dem Mainboard verbunden war. Also baute ich das Laufwerk aus und sah, dass der Antriebsriemen schon begonnen hatte, sich aufzulösen. Eine Recherche bei eBay ergab, dass ein Ersatz-Riemen für günstige 6,90 EUR zu haben wäre. Das Laufwerk als solches wurde wohl auch in diversen Keyboards von Yamaha und Technics verbaut. Da ich in meiner Sammlung ein gut passendes Gummiband fand, baute ich aber kurzerhand dieses ein und baute die Schreibmaschine wieder zusammen. Zum Testen habe ich im Gerät eine Diskette formatiert und konnte auch erfolgreich ein Dokument abspeichern.

 

Im Innerern konnte ich diese Infos erhalten:

  • Das Mainboard hat die Typenbezeichnung Samsung SQ-W1000.
  • 2MB ROM auf einem M27C2001-15F1 EPROM-Chip
  • CPU ist ein Intel 80188 mit 8MHz
  • 32 KByte RAM
  • Herstellungsdatum müsste laut Datumangaben auf den Chips ca. 1992 sein.
  • Floppy-Laufwerk ist ein Mitsumi D357B (Yamaha SY77/99) 720kb (nicht 2HD-fähig)

Aus der Typenbezeichnung kann man schließen, dass der eigentliche Hersteller des Gerätes Samsung war und Quelle deren Originalmodell SQ-W1000 unter seiner eigenen Marke Privileg veröffentlichte. Auf einem der wenigen Fotos, die ich im Netz gefunden habe, erkennt man, dass das Samsung-Original optisch identisch ist.

Panasonic veröffentlichte auch ein Modell mit einer “1000” im Name (“KX-W1000”), das dem Samsung-Gerät in Aufbau, LCD und der Tastenanordnung fast gleicht.

Fazit

Der praktische Nutzen einer elektrischen Schreibmaschine ist heute, 30 Jahre nach Erscheinen, natürlich nachwievor gegeben: Man kann Briefe damit schreiben! Ob eine Kündigung, Anschreiben, Bewerbung oder Liebesbrief – dazu braucht man an sich keinen Gigahertz-schnellen Computer mit Drucker. Und auch wenn man mit dieser Schreibmaschine nur 1 Schriftart und sehr limitierte Formatierungsmöglichkeiten hat: Durch den großen eingebauten LCD Bildschirm hat man einen komfortablen WYSIWYG-Editor (!), sogar mit Rechtschreibkontrolle, Korrekturmöglichkeit und Speicher-Funktion. Das erzeugte Schriftbild ist 1A und der hämmernde Ausdruck des Daisy-Wheel Typenrads ein Ohrenschmaus für Retro-Liebhaber. Die verbaute Tastatur ist dabei traumhaft old-school und erinnert stark an die AMIGA-Zeiten Anfang der 1990er.

1 Gedanke zu „Elektronisch schreiben mit Privileg

  1. Hallo, ich habe die baugleiche Schreibmaschine von Samsung.
    Ich könnte noch einige ausführlichere Infos für die Reparatur des Floppy-Laufwerks gebrauchen, speziell der Ausbau des Innenlebens!
    Meine email: fve-samuel at online.de

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